Freitag 20. Dezember 2024, 04:05

Der Baldrian

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Tags Medizin, Natur

Mancher Leser wird vielleicht ein wenig die Nase rümpfen, wenn er an den Baldrian denkt. Denn sein Geruch und Geschmack sind sehr gewöhnungsbedürftig. Doch Valeriana officinalis, so sein botanischer Name, kommt von „valere“, was so viel bedeutet wie kräftig oder wertvoll sein. Es lohnt sich also, den Baldrian genauer zu betrachten. Dabei fällt auf, dass sich die Wurzeln in der Erde stark verzweigen und chaotisch wild durcheinanderwachsen. Die Stängel mit den Blättern dagegen zeigen einen stark rhythmischen Aufbau. Und die Blüten selbst, in Weiß-Rosa, verströmen einen lilienartigen Duft, unterscheiden sich also stark von den erdig riechenden Wurzeln. Dieser Aufbau des Baldrians weist auf seine Wirkung hin: Das Wuselige wird durch Rhythmisierung zu etwas Leichtem.

Therapeutische Wirkung

Vom Baldrian werden die Wurzeln verwendet. Sie müssen nach dem Ausgraben zuerst getrocknet werden. Der dabei entstehende charakteristische Geruch kommt vom ätherischen Öl, das flüchtige Valerensäuren enthält. In Verbindung mit den Lignanen, einem weiteren Inhaltsstoff des Baldrians, sind sie für die beruhigende Wirkung verantwortlich. Die Lignane sind gut untersucht. Sie binden an die sogenannten GABA-Rezeptoren im Gehirn. Das sind dieselben Rezeptoren, an die auch das Medikament Valium bindet, das jedoch viel stärker wirkt und im Gegensatz zum Baldrian suchterzeugend ist.

Anwendung

Baldrian wird tagsüber bei Unruhezuständen und Nervosität eingesetzt und nachts bei Einschlafstörungen, wenn stressgeplagte Menschen das Gedankenkarussell nicht abstellen können. Er hilft gegen Lampenfieber, Prüfungsangst, Konzentrationsschwierigkeiten und wirkt auch beruhigend bei Reizmagen oder Magenkrämpfen. Aus der Baldrianwurzel lässt sich ein Tee zubereiten. Wer den Geschmack nicht mag, kann auf eine Tinktur oder noch besser auf Tabletten oder Kapseln zurückgreifen. Das Spannende ist: Baldrian fördert, im Unterschied zu synthetischen Schlafmitteln, einen wirklich erholsamen Schlaf, denn er unterdrückt die sogenannte REM-Schlafphase nicht. Die REM-Phase (von englisch rapid eye movement) ist besonders wichtig, weil wir in dieser Phase verarbeiten, was wir den Tag über erlebt haben. Wenn diese Schlafphase unterdrückt wird, haben wir zwar geschlafen, fühlen uns aber überhaupt nicht erholt.

Es gibt überraschenderweise auch Menschen, die auf Baldrian paradox reagieren. Anstatt ruhiger zu werden, werden sie hellwach und sind voller Tatendrang. Das kommt zwar nicht oft vor, ist aber durchaus möglich.

Das kleine Geheimnis zum Schluss

Der Baldrian ist gar keine Schlafpflanze, wie viele meinen. Denn tagsüber steigert er die Konzentrationsfähigkeit und fördert die Fokussierung. Erst in der Nacht, wenn das Tageslicht erloschen ist, lässt er uns gut einschlafen. Er macht uns also tagsüber wach und abends müde. Dies bewirkt er mit seinem Einfluss auf die Zirbeldrüse, die das Rhythmushormon Melatonin produziert. Man kann also sagen, der Baldrian ist eine Rhythmuspflanze, die unseren Tag-Nacht-Rhythmus stabilisiert. Und das ist etwas ganz Besonderes!

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